Ein Ungleichgewicht zwischen Omega-3- und Omega-6-Fetten in der Ernährung kann einen Anstieg entzündungsauslösender Stoffe im Körper bewirken, die zur Entwicklung zahlreicher Zivilisationserkrankungen beitragen. Die Zusammenhänge zwischen bester Gesundheit und guter Versorgung des Körpers mit essentiellen Fettsäuren auf zellulärer Ebene stellte Dr. Johanna Budwig schon zu Beginn der 1950er Jahre dar. „Das Fehlen dieser hoch ungesättigten Fettsäuren führt viele Lebensfunktionen zum Erlahmen”, war eine oft getätigte Aussage der Wissenschaftlerin.
Omega-3-Tagesdosis
Täglich sollten – je nach Alter und körperlicher Aktivität – zwischen 0,5 und 1,5 Gramm Omega-3 aufgenommen werden. So empfiehlen es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), die Österreichische Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) und die Schweizerische Gesellschaft für Ernährungswissenschaft (SGE) in einer gemeinsamen Richtlinie (DACH-Empfehlung).
Wer seinen Omega-3-Bedarf rein über pflanzliches Omega-3 decken möchte, muss umrechnen: Die meisten Empfehlungen zum Tagesbedarf beziehen sich auf die hochwirksamen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA. ALA wird im Körper aber nur zu zehn Prozent in die hochwirksamen Varianten umgewandelt, die Empfehlungen müssen also um den Faktor 10 multipliziert werden.
Wird zum Beispiel Leinöl als einzige Omega-3-Quelle genutzt, ergibt sich eine Tagesmenge von etwa 15 ml Leinöl (ein großer Esslöffel) für den Erwachsenen und 30 ml (zwei Esslöffel) für Schwangere und andere Personen mit erhöhtem Bedarf. Dabei ist wichtig zu wissen, dass eine exakte Dosierung nicht notwendig ist, da nicht genutztes Leinöl dem Fettstoffwechsel zugeführt wird und dann der Energiegewinnung dient.
Bis heute gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass ein hoher Omega-3-Anteil bei der Fettaufnahme schädlich sein könnte, und Nebenwirkungen sind nicht bekannt.
Generell gilt allerdings: Der Gesamtfettverbrauch sollte höchstens 30 Prozent des täglichen Energiebedarfs ausmachen.
Umwandlung von Omega-3-Fettsäuren
Der Körper von Tier und Mensch kann eine Omega-3-Fettsäure in andere umwandeln. ALA muss mit der Nahrung aufgenommen werden und kann dann über Enzyme zu EPA und dann weiter zu DHA synthetisiert werden. Die letzte Reaktion ist umkehrbar. Hier schafft der Stoffwechsel ein gesundes Gleichgewicht. Zu etwa zehn Prozent wird die aufgenommene ALA im menschlichen Körper enzymatisch in die EPA und diese dann in die DHA umgewandelt. Die Synthese schließt eine zweimalige Verlängerung der Kohlenstoffkette um je zwei C-Atome und die mehrmalige Einführung einer Doppelbindung (Dehydrierung) ein.
Verhältnis der Fettsäuren entscheidend
Schon seit vielen Generationen verzehren Menschen Omega-3-Fette aus Fisch, Gemüse, Nüssen oder Ölsaaten. Unsere Gesundheit hängt buchstäblich von der regelmäßigen Zufuhr der lebensnotwendigen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren Alpha-Linolensäure (ALA) und Linolsäure (LA) ab. Der Körper benötigt diese Fettsäuren für die Bildung der Zellmembranen und für eine Vielzahl unterschiedlicher Stoffwechselfunktionen.
Im Allgemeinen enthält unsere heutige Ernährung deutlich mehr Omega-6- als Omega-3-Fettsäuren. Das reale Verhältnis liegt im Durchschnitt bei 20:1. Folgt man den Vorgaben der Natur, sollten Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren aber im Verhältnis 2:1 bis 5:1 aufgenommen werden. In der Muttermilch liegt es sogar bei 2:1 bis 1:1. Auch vor der Zeit von Massentierhaltung und industrieller Nahrungsmittelproduktion – als die Fettaufnahme nur über Öle, spezielle Gemüsesorten oder Fische möglich war – lag das Verhältnis bei ungefähr 2:1. Dass Omega-6-Fettsäuren im richtigen Verhältnis zu Omega-3-Fettsäuren aufgenommen werden sollte, ist aus mehreren Gründen wichtig:
- Konkurrenz um die Enzyme
Aus der Omega-3-Familie braucht unser Körper sowohl ALA als auch EPA und DHA. Dabei muss nur ALA zwingend über die Nahrung aufgenommen werden. Aus ihr können dann enzymatisch die beiden anderen Fettsäuren synthetisiert werden. Das Problem: Die gleichen Enzyme, die für diese wichtige Synthese verantwortlich sind, verstoffwechseln auch die Omega-6-Fettsäuren. Es herrscht also sozusagen ein Konkurrenzkampf um die Enzyme, bei dem gilt: Je kleiner der Quotient Omega-6 zu Omega-3, desto größer wird die Chance, dass die wichtigen Zellmembranbausteine EPA und DHA synthetisiert werden können. - Ausgeglichene Konsequenzen
Vereinfacht gesagt werden Omega-6-Fettsäuren enzymatisch zu entzündungsfördernden Folgestoffen und Omega-3-Fettsäuren werden zu entzündungshemmenden Folgestoffen synthetisiert. Wenn beide Fettsäuren im richtigen Verhältnis zueinander aufgenommen werden, bedeutet dies auch, dass die Folgestoffe im ausgewogenen Verhältnis gebildet werden – eine wichtige Voraussetzung für eine optimale Zellgesundheit. Dieses chemische Gleichgewicht spielt eine Rolle bei: Koronarer Herzkrankheit, Arteriosklerose, Blutgerinnung, Blutdruckentwicklung, Diabetes, rheumatischen, entzündlichen und allergischen Prozessen.
Ernährungsberatung kann helfen
Da vor allem die aus der Arachidonsäure gebildeten Eicosanoide das Entzündungsgeschehen entscheidend beeinflussen, bzw. auslösen, kann eine Reduzierung der Arachidonsäure durch eine vegetarisch ausgerichtete Ernährung unter Berücksichtigung des Omega-6-/Omega-3-Verhältnisses wegweisend sein. So bewiesen z.B. Adam et al. (2003), dass die ernährungstherapeutischen Maßnahmen einer AA-Reduzierung in der Ernährung und die zusätzliche Supplementierung über Omega-3-Fettsäuren die Immunreaktion bei rheumatoider Arthritis positiv beeinflussen können. Die Bestimmung des Fettsäurestatus kann eine individuell angepasste Ernährungsberatung in der Regel unter Ergänzung durch Omega-3-Fettsäuren wirksam unterstützen.